Neue Herren in Griechenland — Monemvasia unter den Türken (1540 - 1690)
Am 2. Oktober 1540 wurden Burg und Stadt Monemvasia den Türken übergeben. Mit diesem Tag begann eine neue Epoche in der wechselhaften Geschichte Monemvasias. Der venezianische Podestá und die venezianische Garnison zogen ab. Ihre Kanonen und die Kirchenglocken nahmen sie mit.
Für die Bevölkerung Monemvasias stand eine schwerwiegende Entscheidung bevor: Aufgrund des Friedensvertrages konnte sie wählen, ob sie mit den Venezianern abziehen oder ob sie Untertanen des türkischen Sultans werden wollte. Zahlreiche Familien, unter ihnen einige der alten aristokratischen, entschieden sich dafür, ihre Heimatstadt zu verlassen und sich in Kreta, Korfu und anderen venezianischen Besitzungen anzusiedeln. Auf diese Weise gelangte die berühmte Ikone Unserer Lieben Frau von Monemvasia nach Zakynthos vor der griechischen Westküste. Viele dieser Auswanderer blieben ihrer Heimatstadt aber nicht lange fern, sondern zogen es vor, auch unter türkischer Oberhoheit in Monemvasia zu leben, das nun mit den Herren erneut seinen Namen wechselte. Aus dem byzantinischen Monemvasia und dem venezianischen Napoli di Malvasia wurde nun das türkische "Menefsche" oder "Menekshe", die "Veilchen-Stadt". Sowohl die zahllosen kleinen Alpenveilchen, die im Spätsommer das Plateau des Felsens bedecken, als auch die Farbe des Felsens am späten Nachmittag, wenn die Sonne tief steht, erklären diesen poetischen Namen.
Aus der nun folgenden Epoche sind die Nachrichten über die stolze Stadt und ihre Bewohner spärlich, was aber wohl weniger daran liegt, dass sie ereignislos und gleichsam außerhalb der Geschichte blieben, wie zahlreiche philhellenisch orientierte westeuropäische Historiker vermuten lassen, sondern eher daran, dass türkische Berichte und Quellen für uns weniger leicht zugänglich sind als italienische oder griechische. Wie durch Inschriften überliefert ist, haben aber auch während der ersten Türkenherrschaft kulturell und wissenschaftlich bedeutsame Persönlichkeiten in der Stadt gelebt, wie z. B. der Erfinder Mohammed Ben Gassan, der im Jahre 1602 in Monemvasia gelebt und gewirkt hatte. Von ihrer strategischen Bedeutung hatte die Felsenfestung nichts verloren, was sich unter anderem darin zeigt, dass der Johanniter-Orden unter seinem Großmeister La Valetta 1554 starke Anstrengungen unternahm, sie den Türken wieder zu entreißen. Wie so viele Angreifer vor ihnen mussten auch die Johanniter unverrichteter Dinge abziehen. Bedeutsam an dieser Episode ist, dass die Bevölkerung Monemvasias anscheinend keinen Versuch machte, sich mit den christlichen Angreifern zu verbünden, um sich von ihnen befreien zu lassen. Die Monemvasioten hatten die Türken als Herren kennengelernt, die in religiösen Dingen tolerant waren und deren Steuersystem — wenigstens zu dieser Zeit — nicht als drückend empfunden wurde. Die Erinnerung an die kurze Oberhoheit des Papstes über Monemvasia mag die Stadt davon abgehalten haben, sich an den katholisch-christlichen Orden anzulehnen.
Auch im folgenden Jahrhundert wurden wiederholte Versuche unternommen, Monemvasia zurückzuerobern. Die Jahre 1653, 1654, 1655 und 1687 sahen venezianische Schiffe und venezianische Truppen vor der Stadt. Immer wieder wurden die Angreifer abgewiesen, zum Teil nur von den Einwohnern Monemvasias ohne türkische Unterstützung. Die Zuneigung der Monemvasioten zu ihren ehemaligen venezianischen Herren kann — so ist zu vermuten — nicht sehr groß gewesen sein. Und die ständigen Belagerungen mit ihren Zerstörungen und den Versuchen, die Verteidiger auszuhungern, waren ebenfalls nicht geeignet, eine für die Venezianer günstige Stimmung in der Stadt zu erzeugen.