Schutzbündnisse mit dem Abendland: Katalanen, Papst, Venedig (1460 - 1540)

Monemvasia war nun tatsächlich völlig auf sich gestellt, um der Bedrohung durch die Türken, die nur für den Augenblick aufgeschoben, nicht aber völlig gebannt war, zu begegnen. In dieser Situation erschien eine Gruppe der zahlreichen katalanischen Söldnertruppen, die sich in Griechenland den verschiedensten Parteien — Franken wie Griechen und Türken — zur Verfügung stellten, vor den Toren Monemvasias. Ihrem Anführer, Lopez de Baldaja, übergaben die Archonten die Schlüssel der Stadt, um sich seines Schutzes und der Hilfe seiner Söldner zu versichern. Sehr schnell erwies sich der Katalane aber als ein kleinlicher, tyrannischer Diktator, den die stolzen und selbstbewussten Monemvasioten ebenso schnell wieder verjagten, wie sie ihn gerufen hatten.

Ein nächster Versuch, die Stadt zu schützen, bestand darin, sich der Oberhoheit des Papstes in Rom zu unterstellen. Pius II. zögerte nicht lange, dieses Bollwerk des orthodoxen Glaubens unter die Herrschaft des Krummstabes zu stellen und entsandte einen päpstlichen Gouverneur nach Monemvasia. Von langer Dauer war allerdings auch diese Verbindung nicht, denn sehr schnell erregten die Versuche des Papstes, mit der weltlichen Herrschaft über Monemvasia auch seine geistliche zu installieren, deren Unwillen. Hinzu kam, dass auf militärisch-politischem Gebiet die Macht des Papstes nicht ausreichte, um auf die Dauer dem ständigen Druck des türkischen Reiches standzuhalten. Nach nur vier Jahren musste der Statthalter des Papstes im Jahre 1464 seinen Platz räumen, weniger aus freiem Willen als vielmehr aufgrund seiner Schwäche und Hilflosigkeit, wie ein griechischer Geschichtsschreiber vermerkt.

Als letzte Zuflucht blieb nur noch die stärkste Seemacht im östlichen Mittelmeer, Venedig. Gestützt auf eine schlagkräftige Kriegsflotte hatte es die Markusrepublik seit dem Jahre 1000 verstanden, sich ein wachsendes levantinisches Überseereich aufzubauen. Dessen Besonderheit lag darin, dass es sich nicht um große, zusammenhängende Gebiete handelte, sondern fast immer um Küstenstädte, Inseln und von See her zugängliche Stützpunkte oder auch nur um Privilegien und Handelsrechte in anderen Hoheitsgebieten. Die Ausdehnung der venezianischen Macht ging fast ausschließlich zu Lasten des byzantinischen Reiches, und so war es fast konsequent, dass sich der letzte Rest dieses Reiches, Monemvasia, in seiner Bedrängnis an diese Macht wandte. Leicht wird es den stolzen Monemvasioten nicht gefallen sein, sich unter den Schutz und damit in die Abhängigkeit der alten Rivalin zu begeben. Obwohl das Vordringen des osmanischen Reiches schon seit dem 13. Jahrhundert eine Schwächung der venezianischen Macht bedeutete, brachte die venezianische Herrschaft für Monemvasia in der Zeit von 1464 bis 1540 eine fast achtzigjährige Periode der Ruhe und der Prosperität. Für die Venezianer bedeutete die Erwerbung Monemvasias, das sie "Napoli di Malvasia" nannten, eine wertvolle Verbindung zu ihren weiter östlich und nördlich liegenden Besitzungen: Navplion, das sie "Napoli di Romania" nannten, und die Inseln der Ägäis. In der Burg von Monemvasia residierte nun an der Stelle des kaiserlichen Gouverneurs als Repräsentant Venedigs ein Podestá, der alle zwei Jahre abgelöst wurde. Die zweijährlichen Berichte, die diese Beamten nach Venedig schicken mussten und die sich noch in venezianischen Archiven und Bibliotheken befinden, könnten dazu dienen, ein detailliertes Bild vom Monemvasia dieser Zeit zu zeichnen.
Venedig bestätigte, wie alle vorhergehenden Oberherren Monemvasias, die Privilegien der Stadt. Anders als der Papst nahm die Handelsrepublik keinen Einfluss auf religiöse Dinge, so dass ein breites Feld möglicher Konflikte ausgespart blieb.

Die Regierung der Podestá war klug und duldsam, denn der Vorteil Monemvasias war auch der Vorteil Venedigs. Die Befestigungsanlagen wurden ausgebessert und weiter ausgebaut, Kirchen wurden restauriert, und der Handel florierte.
Der Wohlstand der Bürger äußerte sich auch in einer lebhaften Bautätigkeit. So wurde z. B. an der Agia Sophia der Oberstadt in dieser Zeit die venezianische Loggia vorgebaut. Ein Dokument der Zeit belegt die Aktivität und die Schmuckfreude der reichen monemvasiotischen Familien: In einer Petition an den Senat von Venedig aus dem Jahre 1527 beklagen sich Bürger Monemvasias darüber, dass der venezianische Podestá ihnen untersagen wolle, den Marmor aus den Ruinen der Tempel und Häuser der am anderen Ufer der Bucht liegenden Stadt Epidavros Limera für ihre eigenen Bauten zu verwenden, eine Praxis, die sie schon lange Zeit als ihr gutes Recht betrachteten. Die zahlreichen Marmorteile, die sich noch heute als Tür- und Fensterstürze, als Treppenstufen oder Mauersteine finden, bestätigen das.

Der venezianische Einfluss zeigt sich noch heute in zahlreichen Gebäuden und Verzierungen, und der Markuslöwe, der als Marmorrelief über der Tür des Bischofshauses eingelassen ist, gibt Zeugnis von der früheren Anwesenheit der Serenissima Reppublica in Monemvasia. Ein venezianischer Brunnenaufsatz mit zwei Wappen und den Initialen des Podestá Sebastiano Renier aus dem Jahre 1514 befindet sich heute zusammen mit anderen Altertümern in der ehemaligen Moschee. Monemvasia hatte sich aber einem sinkenden Stern angeschlossen. Bereits seit dem 13. Jahrhundert befand sich Venedig in einem fortwährenden Streit mit dem aufsteigenden osmanischen Reich um die Vorherrschaft im östlichen Mittelmeer. Nach dem Fall des byzantinischen Reiches blieb die Markusrepublik der einzige ernsthafte Gegenspieler der neuen Großmacht, und sehr bald erwiesen sich die andauernden Auseinandersetzungen als Abwehrkämpfe und Rückzugsgefechte Venedigs. Seit dem Vordringen der Türken in die Morea war Monemvasia ein ständiger Zankapfel zwischen ihnen und den Venezianern, da beide Seiten alles daran setzten, im Besitz dieser Festung zu bleiben, bzw. sich in ihren Besitz zu bringen.

Bis zum türkisch-venezianischen Frieden von 1502/03 wurde Monemvasia mit seinen Besitzungen nicht oder nur unwesentlich von diesen Auseinandersetzungen in Mitleidenschaft gezogen. Der darauf folgende Krieg zwischen den beiden Mächten verlangte aber auch Opfer von Monemvasia und brachte erhebliche Verluste. Die Ländereien und Besitzungen der Monemvasioten auf dem Festland gerieten in immer stärkerem Maße unter türkische Herrschaft, so dass die Stadt die Verfügung über die landwirtschaftlichen Produkte sowohl für den Handel als auch für die eigene Versorgung verlor. Die Anbaugebiete für den berühmten Wein waren ebenso in türkischen Händen wie die Gärten und Getreidefelder bei Velies und um Vatika. Zwar blieb die Stadt noch immer unzugänglich und uneinnehmbar wie alle Jahrhunderte zuvor. Durch das Abschneiden von ihren Versorgungsquellen war sie aber in ihrem Lebensnerv getroffen, abhängig von der Unterstützung Venedigs und auf ihre Funktion als militärischer Stützpunkt reduziert.

Nach einem erneuten Krieg, den Sultan Süleyman der Prächtige im Jahre 1537 erklärte, und der für Venedig und seine Verbündeten, Papst Paul III. und Kaiser Karl V., nach der Seeschlacht bei Preveza mit einem Frieden endete, den Historiker als beschämend und erniedrigend bezeichnen, musste Venedig alle Ansprüche auf seine beiden letzten Besitzungen in der Morea, Navplion und Monemvasia, aufgeben. Zwar waren diese beiden Festungen nicht erobert worden, die venezianische Macht reichte aber nicht mehr aus, sie zu halten. Der Bevölkerung dieser beiden Städte blieben auf diese Weise sinnloses Blutvergießen und Zerstörungen erspart, der Senat von Venedig wusste das aber nicht zu würdigen, sondern ließ seinen Vertreter, der diesen Frieden ausgehandelt hatte, nach dessen Rückkehr köpfen.


Lesesaal

Ursprünglich wollten Ulrich Steinmüller und ich unseren Freunden und Besuchern in unserem Haus in Agia Paraskevi/Monemvasia nur einige Informationen über diese Gegend im Süden der Peloponnes geben.

Daraus entwickelte sich dann aber sehr bald unser Büchlein „Monemvasia. Geschichte und Stadtbeschreibung“, das zum ersten Mal im Jahr 1977 auf Deutsch erschien und in den folgenden mehr als 40 Jahren fast 80 000 Mal in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Griechisch verkauft wurde – aber nur in Monemvasia.

Den Verkauf dieses Büchleins haben wir inzwischen eingestellt, möchten es aber auch weiterhin Besuchern und an dieser schönen und historisch so bedeutsamen Stadt Interessierten zugänglich machen.

Ulrich Steinmüllers homepage können Sie >>> hier <<< aufrufen.

Und hier können Sie das Büchlein in den verschiedenen Sprachen lesen: