Städtebauliche Probleme im Mittelalter
Die Besiedlung war auf der schiefen Ebene oberhalb des Steilabfalls begonnen worden und hatte sich dann durch den Bau von Häusern am Fuße des Steilabfalls vor dem Aufgang fortgesetzt; dadurch waren Oberstadt und Vorstadt entstanden. Die Errichtung der Mauern um die Häuser der Vorstadt ließ auch für Belagerungs- und Kriegszeiten das Bewohnen von Ober- und Unterstadt zu, schuf aber damit gleichzeitig für die Unterstadt auch das Problem, mit dem alle mittelalterlichen Städte zu kämpfen hatten: Der von den schützenden Mauern umgebene Baugrund war nicht durch Ausdehnung in die Breite vermehrbar. Aus den zwei möglichen Lösungsalternativen für dieses Problem — Bau neuer, erweiterter Schutzanlagen oder Bau von hohen Häusern, zum Teil über enge Straßen hinweg — entschied sich die Bevölkerung von Monemvasia für die letztere, individualistischere Problemlösung. Diese Lösung stellte zugleich die bequemste dar, denn die weitergehende Bebauung der Oberfläche des Felsens war wegen des Transports der Waren unbequem.
Diese individualistische Lösung des Baulandproblems hat den Charakter der Stadt geprägt: Die hohen Häuser, die engen Straßen, die vielen Überbauungen der Straßen auf Bögen kennzeichneten das Stadtbild (vgl. Bild Nr. 20 oder 22 und viele andere im Foto-Anhang). Nur Lagerhallen für Waren und Kirchen nehmen größere Bodenflächen ein. Auch die dringend benötigten Zisternen haben teilweise, soweit es sich um öffentliche Einrichtungen handelte, eine erhebliche Grundfläche. Dagegen sind selbst die Plätze der Stadt angesichts der hohen Bevölkerungszahlen des Mittelalters verhältnismäßig klein.
Der derzeitige Wiederaufbau der Stadt, ansonsten streng an die alte äußere Erscheinungsform der Häuser gebunden, trägt dieser geschichtlichen Vergangenheit nicht voll Rechnung: Die ehemaligen Straßenüberbauungen werden nicht wieder aufgerichtet, weil das gegenüberliegende Haus vielleicht schon vor Jahren restauriert wurde, weil es vielleicht immer noch eine Ruine ist, vor allem aber, weil der faktische Druck des knappen Baulandes heute verschwunden ist und daher auch nicht mehr der Zwang zur Erteilung gegenseitiger Aufstützerlaubnis der Eigentümer über die Straße hinweg gegeben ist.
